In ihrer heutigen Gestalt haben sich die Landschaften und Landschaftsverbände in Niedersachsen ab 1949 etabliert.
»Landschaften« bezeichneten in den spätmittelalterlichen Kleinstaaten die Landstände, die aus Zusammenschlüssen des Klerus, des Adels, der Städte und z.T. der freien Bauernschaft bestanden. Bis heute existieren (in Teilen des früheren Königreichs Hannover) sechs dieser historischen Landschaften, die sich jeweils an der Gründung moderner »Landschaftsverbände« beteiligt haben.
In den 1960er Jahren entwickelten sich gemeinsam mit den jeweils zuständigen Landkreisen, teilweise mit Städten und Gemeinden sowie Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen »Landschaftsverbände«, von denen einige die Bezeichnung »Landschaft« tragen. Bis 1996 entstanden somit die heutigen 13 Landschaften und Landschaftsverbände, die sich 1997 zur Arbeitsgemeinschaft der Landschaften und Landschaftsverbände in Niedersachsen (ALLviN) zusammenschlossen. Hierzu zählt auch der Regionalverband Harz, wenn auch nur für ein Teilgebiet (s.u.). Die Region Hannover und die Stiftung Braunschweiger Kulturbesitz sind der ALLviN assoziiert, da sie – wie 12 der 13 Landschaften/Landschaftsverbände – seit 2005 als Partner des Landes Niedersachsen bei der Umsetzung der Regionalen Kulturförderung fungieren.
Im Folgenden geht es um die Landschaften und Landschaftsverbände im engeren Sinne:
Die Landschaften und Landschaftsverbände umfassen i.d.R. mehrere Landkreise und kreisfreie Städte. Die meisten Kommunen umfasst das Gebiet des Lüneburgischen Landschaftsverbandes mit sieben Kreisen und drei kreisfreien Städten. Ausnahmen bilden der Landschaftsverband Hameln-Pyrmont und die Schaumburger Landschaft, die geografisch deckungsgleich mit den gleichnamigen Landkreisen sind, sowie der Landschaftsverband Osnabrücker Land, der Landkreis und Stadt Osnabrück umfasst, und der Landschaftsverband Hildesheim, der außer dem Landkreis Hildesheim die Kleinstadt Dassel im Landkreis Northeim abdeckt. Das Gebiet des Regionalverbandes Harz umfasst die gesamte Harzregion, die sich grenzübergreifend über Niedersachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt erstreckt, seine kulturfördernde Aufgabe als Landschaftsverband in Niedersachsen bezieht sich nur auf den Landkreis Goslar.
Die Geschäftsstellen der Landschaftsverbände und Landschaften befinden sich zumeist in den größten Städten der jeweiligen Gebiete. Es gibt aber auch Ausnahmen: So befindet sich das Büro der Lüneburgischen Landschaft nicht etwa in der zum Gebiet gehörenden Großstadt Wolfsburg oder in der großen Mittelstadt Lüneburg, sondern in der kleinen Mittelstadt Uelzen. Insgesamt sechs der 13 Geschäftsstellen befinden sich in Mittelstädten, fünf in Großstädten sowie zwei in Kleinstädten (Stadt- und Gemeindetypologie des BBSR). Die Geschäftsstelle des Regionalverbandes Harz befindet sich in Quedlinburg, Sachsen-Anhalt.
Nach Thünen-Typisierung sind alle Gebiete großenteils ländlich geprägt, fünf Geschäftsstellen liegen in »sehr ländlichen« Gebieten. Am ländlichsten sind die Gebiete der Emsländischen und dasjenige der Ostfriesischen Landschaft im Westen Niedersachsens.
Bei den Landschaften und Landschaftsverbänden handelt es sich i.d.R. um eingetragene Vereine, deren Mitglieder Kommunen und Landkreise sowie Vereine, Verbände, Unternehmen oder auch Bistümer (z.B. Landschaftsverband Osnabrücker Land) sind. Die Ostfriesische Landschaft und die Oldenburgische Landschaft sind Körperschaften des öffentlichen Rechts
Die Landkreise sind i.d.R. die Mitglieder der Landschaften und Landschaftsverbände mit dem größten (Stimm)Gewicht, deren Delegierte haben in den Gremien der meisten Verbände den entscheidenden Einfluss.
Das Selbstverständnis und Aufgabenprofil der Landschaften und Landschaftsverbände unterscheidet sich aufgrund ihrer jeweiligen Geschichte, Größe und Struktur. Folgende Aufgaben werden – wenn auch in unterschiedlichem Maße – wahrgenommen:
Zu den Instrumenten der Landschaften und Landschaftsverbände zählen:
Die Landschaften und Landschaftsverbände sind personell und finanziell unterschiedlich aufgestellt. Kleinere Landschaftsverbände arbeiten nur mit ehren- oder nebenamtlich tätigen Personal (Hildesheim, Hameln-Pyrmont), mit eigenen Einrichtungen kommt die Ostfriesische Landschaft auf etwa 37 Vollzeitäquivalente (VZÄ). Die anderen Landschaften und Landschaftsverbände bewegen sich mit 1,7 bis 13,2 VZÄ dazwischen, der Durchschnitt liegt bei 7,0 VZÄ (Stand Ende 2022).
Aufgrund der unterschiedlichen Aufgaben und Größen der Landschaften und Landschaftsverbände ist auch deren Haushaltsvolumen sehr unterschiedlich (z.B. bei Trägerschaft eigener Einrichtungen). Für ihre Kulturaufgaben haben sie 2022 zusammen ein Volumen von rund 6 Mio. Euro aufgewendet.
Die Landschaften und Landschaftsverbände finanzieren sich zunächst aus Mitgliedsbeiträgen und Verwaltungskostenzuschüssen vor allem der kommunalen Gebietskörperschaften; dies ergibt ein Volumen von etwa 3,5 Mio. Euro pro Jahr.
Das Land Niedersachsen stellt jeder Landschaft, jedem Landschaftsverband eine institutionelle Förderung von rund 70.000 Euro zur Verfügung (Stand 2023). Die Landesmittel für die Projektzuschüsse im Rahmen der Regionalen Kulturförderung umfassen ein Gesamtvolumen von ca. 2,9 Mio. Euro und werden nach einem Schlüssel zugewiesen, in den zur Hälfte die Einwohnerzahl und zur anderen Hälfte die Fläche der jeweiligen Region einfließt.
Diejenigen Landschaften und Landschaftsverbände, die im Geschäftsgebiet der öffentlich-rechtlichen VGH Versicherungen (Landschaftliche Brandkasse Hannover) liegen, erhalten außerdem von dort eine regelmäßige Spende, die ebenfalls nach Größe der Region abgestuft ist und jeweils einen fünf- oder sechsstelligen Betrag ausmacht.
Hinzu kommen jährlich schwankend Landesmittel für Sonderprogramme und Drittmittel für Eigenprojekte.
https://www.allvin.de/allvin/Arbeitsgemeinschaft der Landschaften und Landschaftsverbände in Niedersachsen (o.J.): Landesweite Zusammenarbeit, https://www.allvin.de/allvin/ (letzter Zugriff: 20.10.2023)
Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) (2020–2023): »Stadt- und Ge-meindetypen in Deutschland«, https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/raumbeobachtung/Raumabgrenzungen/deutschland/gemeinden/StadtGemeindetyp/StadtGemeindetyp.html (letzter Zugriff: 24.11.2023)
Grave, Josef (2014): »Regionale Kulturförderung. Breitenkultur im Blick der Landschaftsverbände in Niedersachsen«, in: Wolfgang Schneider (Hrsg.): Weißbuch Breitenkultur. Kulturpolitische Kartografie eines gesellschaftlichen Phänomens am Beispiel des Landes Niedersachsen, Hildesheim: Universitätsverlag Hildesheim, S. 45–55
Thünen-Institut Forschungsbereich ländliche Räume (Hrsg.) (2023): »Thünen-Landatlas, Ausgabe 24/11/2023«, Braunschweig, www.landatlas.de (letzter Zugriff: 24.11.2023)
Befragung des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur 2023 durch das IfK
Befragung der Geschäftsstelle der Arbeitsgemeinschaft der Landschaften und Landschaftsverbände in Niedersachsen (ALLviN) 2023 durch das IfK
Internetseiten der Landschaften und Landschaftsverbände, zugänglich über ALLviN: https://www.allvin.de/landschaft/ (letzter Zugriff: 29.11.2023)