PROFILBLATT

Regionale kulturelle Ankerpunkte in Brandenburg

 

Die ersten »Regionalen kulturellen Ankerpunkte« wurden in Brandenburg zwischen Oktober 2021 und Januar 2022 installiert, weitere ab 2023.

 

1. Geschichte und Kontext

Aufgrund einer Initiative aus dem brandenburgischen Landtag entwickelte das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur (MWFK) das Konzept »Zusammenhalt – Heimat – Teilhabe« für das Förderprogramm »Regionale kulturelle Ankerpunkte«, das Eingang in den Koalitionsvertrag 2019 fand. Auf dieser Grundlage wurden in den Jahren 2021 und 2022 neun Projektträger ausgewählt und mit einem Förderbescheid über drei Jahre ausgestattet. Im Herbst 2023 startete eine zweite Förderphase für weitere Ankerpunkte in den Landkreisen, in denen bislang noch kein regionaler Ankerpunkt seinen Sitz hatte. Sieben neue Ankerpunkte nehmen teils im Herbst 2023, teils mit Beginn des Jahres 2024 ihre Arbeit auf.Das Förderprogramm »Regionale kulturelle Ankerpunkte« des Landes Brandenburg zielt auf die Stärkung der kulturellen Infrastruktur, indem professionelle Kulturschaffende und bereits bestehende Kultureinrichtungen in allen Regionen Brandenburgs ihre regionale Kulturarbeit ausbauen und somit das kulturelle Leben vor Ort und in der Region weiterentwickeln.

 

2. Die Wirkungsgebiete und Grad ihrer Ländlichkeit

Der geografische Wirkungsradius der »kulturellen Ankerpunkte« ist nicht festgelegt. Mit einerweiten Definition für ländliche Räume ist es das Ziel der Landesförderung, insgesamt den Wirkungskreis kultureller Akteure und Einrichtungen sowohl räumlich als auch gesellschaftlich zu erweitern. Mit der ersten Ausschreibungsrunde wurden ab 2021 neun »Ankerpunkte«, zuweilen bestehend aus mehreren Einrichtungen, in den acht Landkreisen Dahme-Spreewald, Märkisch-Oderland, Oder-Spree, Oberhavel, Ostprignitz-Ruppin, Prignitz, Spree-Neiße oder Uckermark gefördert. Mit der zweiten Ausschreibungsrunde werden weitere »Ankerpunkte« in den sechs Landkreisen Barnim, Elbe-Elster, Havelland, Oberspreewald Lausitz, Potsdam-Mittelmark und Teltow-Fläming gefördert, um in allen Landkreisen Brandenburgs jeweils mindestens einen »Ankerpunkt« zu stärken. Deren kulturelle Aktivitäten sind jedoch i.d.R. nicht auf den jeweiligen Landkreis beschränkt.Fünf der »Regionalen kulturellen Ankerpunkte« befinden sich nach der Stadt- und Gemeindetypologie des BBSR in Landgemeinden, acht in Kleinstädten und drei »Ankerpunkte« haben ihren Sitz in einer Mittelstadt. Nach Thünen-Institut sind alle Kreisregionen, in denen die »Ankerpunkte« ihren Sitz haben, als »eher ländlich« charakterisiert, bis auf den Ankerpunkt Temnitzkultur e.V., der sich im »sehr ländlichen« Kreis Ostprignitz-Ruppin befindet und den Ankerpunkt POPAnker – Akademie für Popularmusik & kulturelle Bildung, der sich im »sehr ländlichen« Elbe-Elster Landkreis befindet.

 

3. Durchführende Träger / Rechtsform

Träger der »kulturellen Ankerpunkte« sind i.d.R. Kulturvereine und Gemeinden, zumeist in Kooperation mehrerer Akteure aus dem kommunalen und/oder zivilgesellschaftlichen Bereich (6 von 9). Mit der Burg Beeskow, dem Kultur- und Bildungszentrum des Landkreises Oder-Spree, ist auch ein Landkreis beteiligt. Für den Ankerpunkt »Kulturdreieck Dahme-Spreewald«, den zivilgesellschaftliche Kulturakteure an drei Orten gestalten, fungiert die LAGA Landesgartenschau Luckau 2000 gGmbH als Träger und Kooperationspartner. Trägerdes Ankerpunkts »Dritte Orte und Kulturpioniere« sind die Städte Perleberg und Wittenberge gemeinsam mit Kulturvereinen und -initiativen.

 

4. Administratives Verhältnis zu Kreisverwaltungen

Über einzelne Trägerschaften (insb. Burg Beeskow/Landkreis Oder-Spree) und Kooperationen hinaus gibt es keine institutionelle Verbindung zwischen den Ankerpunkten und den Kreisverwaltungen. Jeder Landkreis, in dem ein »Ankerpunkt« seinen Sitz hat, hat bei der Antragstellung für eine Förderung durch das Land Brandenburg ein positives Votum abgegeben. Neben einer generellen Unterstützung der Kreise und Kommunen fördern einige Kreise die »Ankerpunkte« in ihrem Gebiet finanziell.

 

5. Aufgaben der »Ankerpunkte«

Die »Regionalen kulturellen Ankerpunkte« sind Kulturinitiativen und -einrichtungen sowie deren Zusammenschlüsse aller Sparten und Kulturformen. Dem Konzept »Zusammenhalt – Heimat – Teilhabe« des Landes von 2021 entsprechend übernehmen sie folgende Aufgaben in unterschiedlicher Weise und Gewichtung:

  • Weiterentwicklung von beteiligten Kultureinrichtungen zu regionalen Kulturorten und Treffpunkten (Dritte Orte)
  • Einbindung und Stärkung ehrenamtlicher Akteur*innen (Brauchtum, Breiten- und Laienkulturarbeit), Beteiligungsmöglichkeiten stärken
  • regionale Vernetzung: zwischen Kulturakteur*innen aller Sparten einschließlich kreativ-wirtschaftlichen, aber auch – je nach Ankerpunkt – zwischen den Bereichen Kultur, Soziales, Bildung, Tourismus, Städtebau, Regionalentwicklung etc., wie auch allgemein zwischen den Sektoren Kommunen/Staat, Zivilgesellschaft (Vereine, Verbände) und Wirtschaft
  • Erhöhung der (über)regionalen Sichtbarkeit und Attraktivität des regionalen Kulturschaffens
  • in unterschiedlicher Ausprägung auch Beratung von Kulturschaffenden in ihrer Region
  • kulturpolitische Diskurse anregen und qualifizieren

 

6. Instrumente, Formate und Arbeitsweise

  • Bei den »Ankerpunkten« handelt es sich um Kulturinitiativen und Kulturorte mit jeweils unterschiedlichem kulturellem Programm, das im Sinne der Programmziele ausgebaut wird:
  • Kunst- und Kulturveranstaltungen sowie Festivals mit regionalen Partnern und/oder zumindest regionaler Reichweite (z.B. Traumschüff eG, Temnitzkultur e.V.)
  • partizipative Kulturformate (z.B. Ankerpunkt »Vorwärts Quillo«) oder Residenzen (z.B. Ankerpunkt »DoK 15518«)
  • künstlerisch-kulturelle Projekte zur regionalen Selbstbeschreibung unter Einbindung der regionalen Bevölkerung mit Workshops, Ausstellungen etc. (z.B. Oderbruch Museum Altranft, Heimatmuseum Dissen)
  • Austauschformate für Künstler*innen und Kulturschaffende (z.B. temporärer Campus, Burg Beeskow in Kooperation mit KulTuS e.V. mit ortsansässigen Vereinen)
  • bereichsübergreifende Vernetzung zwischen ehrenamtlichen Akteur*innen, freien Künstler*innen und Schulen (z.B. Oderbruch Museum Altranft) oder zwischen Tourismus, Wirtschaft und Politik (z.B. Ankerpunkt »Kulturdreieck Dahme-Spreewald«)

 

7. Personelle und finanzielle Ausstattung

Um ihre Funktion als »Regionaler kultureller Ankerpunkt« erfüllen zu können, beschäftigen die Träger i.d.R. ein bis zwei zusätzliche Mitarbeiter*innen und haben zusätzliche Sachmittel für Veranstaltungen, Publikation und kleinere Investitionen zur Verfügung. Aufgrund der unterschiedlichen Trägerschaft sind auch die Aussichten auf eine Fortführung der Stellen nach Auslaufen der Landesförderung unterschiedlich.

 

8. Finanzierung der »Ankerpunkte«

Die jeweils auf drei Jahre angelegte Landesförderung variiert zwischen den Trägern: Die jährliche Förderung beträgt für jeden »Ankerpunkt« zwischen 70.000 und 150.000 Euro, bis zu 80 Prozent. Eine weitere, degressiv angelegte nochmals dreijährige Förderphase ist bei positiver Evaluation der jeweiligen Projekte Ende 2023/Anfang 2024 und vorbehaltlich der Bereitstellung der entsprechenden Mittel im Landeshaushalt vorgesehen. Die Kreise, Gemeinden und/oder Dritte leisten einen Kofinanzierungsanteil von mindestens
20 Prozent des Gesamtvolumens. Die kommunale Anbindung gehört zu den Fördervoraussetzungen des Landes Brandenburg, das damit auf eine langfristige Sicherung der Finanzierung der kulturellen Ankerpunkte nach Ablauf der Landesförderung zielt. Für die »Ankerpunkte« der ersten Förderperiode (2021–2024) stellt das Land Brandenburg insgesamt rund 3,25 Mio. Euro zur Verfügung, für die zweite Förderperiode (2023–2026) zusätzlich 1,6 Mio. Euro. Damit stehen seit Ende 2023 jährlich rund 1,5 Mio. Euro für die
»Ankerpunkte« zur Verfügung.

Quellen

Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (2020–2023): »Stadt- und Gemeindety
pen in Deutschland«,
https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/raumbeobachtung/Raumabgrenzungen/deutschland/gemeinden/StadtGemeindetyp/StadtGemeindetyp.html (letzter Zugriff: 24.11.2023)
Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg (2021): Richtli
nie des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur zur Förderung »Regionaler
kultureller Ankerpunkte im ländlichen Raum«, 7. Juni 2021,
https://mwfk.brandenburg.de/mwfk/de/kultur/kultur-im-laendlichen-raum/ (letzter Zugriff: 02.07.2021)
Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg (2021): Konzept »Zusammenhalt – Heimat – Teilhabe. Förderprogramm ›Regionaler kultureller Ankerpunkte im ländlichen Raum‹«, Anlage zur Richtlinie,
https://mwfk.brandenburg.de/sixcms/media.php/9/Konzept_Zusammenhalt_Heimat_Teilhabe_Anlage_F%C3%B6rderrichtlinie.pdf (letzter Zugriff: 15.06.2023)
Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg (2021): »Mehr als drei Millionen Euro für Regionale Ankerpunkte«,
https://mwfk.brandenburg.de/mwfk/de/kultur/kultur-im-laendlichen-raum/ (letzter Zugriff: 15.06.2023)
Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg (2023):
»Richtlinie des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur zur Förderung ›Regionaler kultureller Ankerpunkte im ländlichen Raum‹ vom 3. April 2023«,
https://mwfk.brandenburg.de/sixcms/media.php/9/Richtlinie%20Ankerpunkte_042023.pdf
(letzter Zugriff: 15.06.2023)

Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg (2023): »1,5 Millionen Euro für neue kulturelle Ankerpunkte«, Pressemitteilung vom 05.05.2023,
https://mwfk.brandenburg.de/mwfk/de/service/pressemitteilungen/ansicht/~05-05-2023-
kulturelle-ankerpunkte (letzter Zugriff: 15.06.2023)
Thünen-Institut Forschungsbereich ländliche Räume (Hrsg.) (2023): »Thünen-Landatlas,
Ausgabe 24/11/2023«, Braunschweig, www.landatlas.de (letzter Zugriff: 24.11.2023)Befragung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur Brandenburg 2023 durch das IfK
Internetseiten der einzelnen »Regionalen kulturellen Ankerpunkte«, zugänglich über:
https://mwfk.brandenburg.de/mwfk/de/kultur/kultur-im-laendlichen-raum/
Institut für Kulturpolitik der Kulturpolitischen Gesellschaft e.V., Weberstr. 59a, 53113 Bonn