Kulturerbe und Gerechtigkeit:
Die Herausforderung der Restitution

Restitution ist heute mehr als nur die Rückgabe von Kulturgütern – sie ist ein tiefgreifendes kulturpolitisches Anliegen, das Fragen von Gerechtigkeit, historischer Verantwortung und internationaler Zusammenarbeit aufwirft. Die Rückgabe von Kunst- und Kulturobjekten, die während des Nationalsozialismus geraubt oder in der Kolonialzeit gewaltsam angeeignet wurden, steht im Zentrum einer globalen Debatte, die weitreichende Auswirkungen auf die Art und Weise hat, wie Museen, Archive und Bibliotheken ihre Sammlungen verwalten und präsentieren.

Nach einer Einführung werden sich die weiteren Sessions gezielt den beiden großen Themenbereichen widmen: der Restitution von Kulturgütern aus der Kolonialzeit und dem NS-Kulturgutraub. Dabei wird es nicht nur um die rechtliche und ethische Dimension der Rückgabe gehen, sondern auch um die Frage, wie diese Prozesse dazu beitragen können, historische Ungerechtigkeiten aufzuarbeiten und das Verhältnis zwischen Europa und den Herkunftsländern der Kulturgüter neu zu gestalten.

In jeder dieser Sessions werden Expert*innen ihre Perspektiven einbringen und in einer gemeinsamen Diskussion ausloten, wie eine gerechte und zukunftsweisende Restitution gestaltet werden kann. Ziel dieser Webtalks ist es, nicht nur Wissen zu vermitteln, sondern auch den Dialog zu fördern und für die komplexen und oft kontroversen Fragen der Restitution zu sensibilisieren. Diese Reihe soll dazu beitragen, das Bewusstsein für die Bedeutung von Restitution in einem breiteren kulturpolitischen Kontext zu schärfen und gleichzeitig einen Beitrag zur aktuellen Debatte über die Aufarbeitung von historischem Unrecht zu leisten.

Die Webtalks finden statt am 5., 12. und 19. November, jeweils dienstags von 16:30 bis 18:00 Uhr. Die Teilnahme an den 90-minütigen Web-Talks ist kostenlos, aber eine Anmeldung über das Online-Formular notwendig.

Veranstalter, Förderer, Kooperationspartner

Session 1: Restitution im Wandel

Provenienzforschung, Erinnerungskultur und die Neugestaltung von Gerechtigkeit und Verantwortung

In der einführenden Session wird ein umfassender Überblick über das Thema gegeben, um die historischen, rechtlichen und ethischen Dimensionen der Restitution zu beleuchten. Wir werden untersuchen, welche Verantwortung Kultureinrichtungen heute tragen und wie Provenienzforschung als Werkzeug dient, um Unrecht aufzuklären und gerechte Lösungen zu finden.

In dieser Session werden die vielfältigen Dimensionen des Begriffs »Restitution« und Meilensteine wie die Washingtoner Konferenz oder die Rede Macrons 2017 beleuchtet. Es wird darum gehen, wie diese Prozesse in der Vergangenheit abliefen, welche Fortschritte erzielt wurden und welche Herausforderungen noch vor uns liegen. Dabei soll deutlich werden, dass Restitution nicht nur eine Angelegenheit der Vergangenheit ist, sondern auch eine zentrale Frage für die Zukunft unserer globalen Kulturpolitik darstellt.

Impulse:

  • Das Gedächtnis der Dinge – Prof. em. Dr. Dr. h.c. Aleida Assmann, Kulturwissenschaftlerin und Erinnerungsgeschichtlerin
  • Wer restituieren will, muss die Provenienz kennen – Prof. Dr. Gilbert Lupfer, Vorstand der Stiftung Deutsches Zentrum Kulturgutverluste, Magdeburg
  • Internationale Perspektiven an der Schnittstelle von Provenienzforschung, Data Science und Vermittlung – Prof. Dr. Lynn Rother, Lichtenberg-Professorin für Provenienzstudien und Leiterin des Provenance Lab an der Leuphana Universität

Prof. em. Dr. Dr. h. c. Aleida Assmann

Kulturwissenschaftlerin und Erinnerungsgeschichtlerin

Prof. Dr. Gilbert Lupfer

Vorstand der Stiftung Deutsches Zentrum Kulturgutverluste, Magdeburg

Prof. Dr. Lynn Rother

Lichtenberg-Professorin für Provenienzstudien (W2) und Leiterin des Provenance Lab, Leuphana Universität

Session 2: Koloniale Schatten

Raubkunst, Restitution und der Umgang mit imperialer Vergangenheit

In diesem Webtalk werfen wir einen kritischen Blick auf die historischen und aktuellen Herausforderungen, die mit der Rückgabe von Kulturgütern aus kolonialem Kontext verbunden sind. Viele Kunst- und Kulturinstitutionen in Europa und weltweit bewahren bis heute Objekte in ihren Sammlungen, die während der Kolonialzeit unter fragwürdigen Umständen erbeutet wurden. Diese Artefakte, oft von unschätzbarem kulturellen und spirituellen Wert für die Herkunftsländer, sind nicht nur Zeugen der Geschichte, sondern auch Symbole für koloniale Machtverhältnisse. In den letzten Jahren hat die Forderung nach Rückgabe und Restitution dieser Objekte an ihre rechtmäßigen Besitzer, vor allem in Afrika, Asien und Südamerika, zunehmend an Dringlichkeit gewonnen. Doch die Diskussionen um koloniale Raubkunst werfen zahlreiche komplexe Fragen auf: Wem gehören die Kulturgüter? Wie sollen Museen und Kultureinrichtungen mit ihrer Vergangenheit umgehen? Und welche Rolle spielt die Kulturpolitik bei der Gestaltung eines fairen und transparenten Rückgabeprozesses? Es geht dabei aber nicht nur um die rechtlichen und ethischen Dimensionen, sondern auch um den Umgang mit den Objekten in den Museen selbst: Wie kann eine faire Repräsentation gelingen, die die koloniale Vergangenheit nicht verschweigt? Und welche Auswirkungen haben Restitutionen auf die Zukunft der Kultureinrichtungen?

Impulse:

  • Alles zurück? Wie weiter mit dem kolonialen Erbe? – Prof. Dr. Wiebke Ahrndt, Präsidentin des Deutschen Museumsbundes
  • Nanette Snoep, Künstlerische Direktorin des Rautenstrauch-Joest Museums, Köln
  • Versuch über ein Restitutionsdispositiv: Umrisse einer postkolonialen Theorie – Dr. Ohiniko Mawussé Toffa, Provenienzforscher, Staatliche Museen zu Berlin (SPK)

Prof. Dr. Wiebke Ahrndt

Präsidentin des Deutschen Museumsbundes

Nanette Snoep

Künstlerische Direktorin, Rautenstrauch-Joest-Museum

Dr. Ohiniko Mawussé Toffa

Provenienzforscher, Staatliche Museen zu Berlin (SPK)

Session 3: NS-Raubkunst und Restitution

Ethische Fragen, rechtliche Rahmenbedingungen und die Rolle von Kulturpolitik und Museen

Die Rückgabe von NS-Raubkunst bleibt ein wichtiges Thema in der Kulturpolitik. In unserer 3. WebTalk Session beleuchten wir die Herausforderungen und ethischen Fragen, die mit der Restitution von Kulturgütern aus jüdischem Besitz verbunden sind. Welche Rolle spielen Kultur und Kulturpolitik bei der Aufarbeitung des nationalsozialistischen Erbes? Welcher juristischen und kulturpolitischen Rahmenbedingungen bedarf es bei der Entscheidung über Rückgaben? Wie sind betroffene Familien und Nachfahren in diesen Prozess eingebunden? Und welche Verantwortung tragen dabei Museen und öffentliche Institutionen?

Impulse:

  • Wie entstehen faire und gerechte Lösungen? – Prof. Dr. Raphael Gross, Präsident der Stiftung Deutsches Historisches Museum, Berlin
  • Biografien der Moderne. Sammelnden und ihre Werke – eine Veranschaulichung der Provenienzforschung am Brücke-Museum – Lisa Marei Schmidt, Direktorin des Brücke-Museum Berlin
  • Die Lücke verkleinern: Neue digitale Möglichkeiten zum Aufspüren von NS-Raubkunst – Deidre Berger, Vorstandsvorsitzende, Jewish Digital Cultural Recovery Project Foundation

Prof. Dr. Raphael Gross

Präsident der Stiftung Deutsches Historisches Museum

Lisa Marei Schmidt

Direktorin des Brücke-Museum Berlin

Deidre Berger

Vorstandsvorsitzende, Jewish Digital Cultural Recovery Project Foundation

Moderiert von:

Anke von Heyl

Kunsthistorikerin,Moderatorin und Kulturberaterin